Mit vereinten (Anker-)Kräften
Der Bahnhof Groningen wird derzeit umgestaltet, damit die Reisenden im wichtigsten Bahn- und Busknotenpunkt in den nördlichen Niederlanden noch schneller und bequemer an ihr Ziel kommen. Bis es soweit ist, dauert es noch eine Weile. Denn erst einmal sind die Tiefbauarbeiten im Gang, bei denen die Anker von BBV Systems eine tragende Rolle spielen. «Nachdem wir bereits in der Phase 1 des Bauprojekts Bahnhof Groningen unter Beweis stellen konnten, was unsere Multibond-Anker zu leisten vermögen, wurden wir auch für die Phase 2 beigezogen – mit einer besonders herausfordernden Aufgabenstellung», betont Thomas Riss, Bauleiter Geotechnik bei BBV Systems.
Anker in neuen Dimensionen
Die Multibond-Anker für die zweite Bauphase sind länger, grösser und schwerer als alle bisher gelieferten Anker von BBV Systems. Zudem sind sie auf eine Einsatzdauer von 50 bis 100 Jahren ausgerichtet, elektrisch isoliert und mit Messsensorik zur dauerhaften Überwachung der Ankerkräfte ausgestattet. «Alles in allem handelt es sich um Anker, die es in Deutschland und vermutlich auch in den Niederlanden und in ganz Europa so noch nie gegeben hat.»
Neue Wege in der Herstellung
Um sie zu realisieren, ging BBV Systems Wege, die selbst für das hoch innovative Unternehmen neu waren. Rasch wurde klar, dass die gewohnten Herstellungsschritte und Produktionsprozesse für den Bau dieser Anker nicht funktionieren werden. «Wir mussten alles neu überdenken und konzeptionieren. Dies hat mich und die Kollegen der Produktion vor Aufgaben gestellt, die nicht alltäglich waren.»
Produktionslinie angepasst
Produktionslinien wurden verlängert und umgelegt sowie eingeschliffene und bewährte Prozesse angepasst. Ein Beispiel: Da es aufgrund des hohen Eigenwichtes des Ankers und der Empfindlichkeit des Schutzrohres nicht wie üblich möglich war, das dem Korrosionsschutz dienende Sammelhüllrohr mit einer Schwerlastwinde aufzuziehen, entwickelte BBV Systems kurzerhand neue Hilfskonstruktionen. Ein weiteres Beispiel ist die Konstruktion einer 50 m langen reibungsarmen Rinne, die konzipiert wurde, um beim Aufrollen der bis zu 47 m langen und bis zu 1’200 kg schweren Multibondanker auf Trommeln Verformungen des Hüllrohrs zu minimieren.
Gemeinsam zu Höchstleistungen
Für Thomas Riss ist Groningen Phase 2 eine Erfolgsgeschichte – sowohl für BBV Systems und für den patentierten Multibond-Anker als auch für sein Team. «Um die Lösung zu erarbeiten, war ein offener Austausch zwischen der Produktion und der Projektleitung erforderlich. Jeder konnte seine Ideen, Erfahrungen und Expertise einbringen – unabhängig von jedweder Hierarchie.»
Auf gutem Fundament
Das Team war sich einig: Wenn es einen Schritt vorwärts geht, dann gemeinsam. Ein Schulterschluss habe aber nicht nur innerhalb des Unternehmens, sondern auch zwischen BBV Systems, dem Auftraggeber Züblin Spezialtiefbau GmbH und allen beteiligten Unternehmen stattgefunden: «Es ist schön zu sehen, wie auf diese Art und Weise grosse und komplexe Gewerke gelingen können.» Die Rückmeldung des Kunden, dass jeder der gelieferten Anker die geforderten Kennwerte in Form von Kräften aufbringen und halten konnte, spreche für sich. 2026 soll der Bahnhof Groningen in Betrieb gehen. Er steht dank den Ankern von BBV Systems auf einem gutem Fundament.
Wie ist die Zusammenarbeit mit BBV Systems für Groningen Phase 2 aus Ihrer Sicht gelaufen?
Die Zusammenarbeit hätte nicht besser laufen können. Mit der offenen und lösungsorientierten Kommunikation von beiden Seiten konnten alle Besonderheiten, in der Produktion und in der Herstellung auf der Baustelle, gegenüber herkömmlich dimensionierten Verpressankern gemeistert werden.
Was war das Besondere an dieser Zusammenarbeit?
Das unternehmensübergreifende Teamgefühl und der Wille aller Beteiligten diese sehr besonderen Anker in der bestmöglichen Weise zu realisieren.
Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis?
Der Bauherr hat die Anker erhalten, die er geplant hat und wir können sehr stolz auf die Leistung aller Beteiligten sein.
«Ein wirkungsvolles Instrument für gering tragfähige Böden»
Interview mit Thomas Riss, Bauleiter Geotechnik bei BBV Systems
Für die Laien unter uns: Wozu braucht man Anker?
Stell dir mal vor: Wir stehen uns gegenüber und du hast die Aufgabe, mich am Umfallen zu hindern, wenn ich mich nach hinten fallen lassen. Du packst mich an meiner Jacke und setzt deine Kraft in den Armen ein, um mich festzuhalten. Genau nach diesem Prinzip der Vorspannkraft funktionieren unsere Anker – nur dass sie statt eines Menschen eine Baugrubenwand vor dem Umfallen abhalten und wir es mit ganz anderen Dimensionen zu tun haben. An die Anker, die wir beim Bahnhof Groningen eingesetzt haben, könnte man einen Jumbojet mit 220 Tonnen anhängen und der Anker würde nicht aus dem Boden gezogen werden.
Welches ist der Hauptgrund, warum beim Bahnhof Groningen Multibond-Anker zum Einsatz kommen? Unsere Multibond-Anker sind konzipiert worden für wenig tragfähige Böden wie sie beim Bahnhof Groningen vorzufinden sind. Im Vergleich zu klassischen Verpressankern sind unsere Staffelanker in der Lage, unter vergleichbaren Bedingungen die Ankertragfähigkeit zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen. Damit stellen wir unseren Kunden ein besonders wirkungsvolles Instrument zur Verfügung.
Was bedeutet dies für die Nachhaltigkeit beim Bauen?
Die Endtiefe, auf der die Baugrubensohle gegossen wird, kann dank Multibondankern schneller und energieeffizienter erreicht werden. Dies geschieht durch eine Einsparung von Ankern, Bohrmeter und Zwischenaushubebenen, was Ressourcen schont. Beim Bauvorhaben Simon-Gatzweiler-Platz in Düsseldorf etwa konnten durch Umplanung auf Multibond die CO₂- Emissionen halbiert werden. Die Anker im Bahnhof Groningen sind mit Sensoren ausgestattet.
Wozu dienen diese?
Die Sensoren dienen zur permanenten Überwachung der Ankerkräfte. Dieses Monitoring ist gerade bei Ankern sinnvoll, die wie hier 50 bis 100 Jahre voll tragfähig im Boden bleiben sollen.