Der Weg zu CO2-neutralen Gebäuden
Warum ist das White Paper «Netto-Null» für Implenia wichtig?
Der Gebäudesektor ist für 37% der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Als nachhaltiger Immobilienentwickler und generell als nachhaltiges Unternehmen übernehmen wir Verantwortung und setzen uns für eine nachhaltige Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Das White Paper liefert einen Beitrag dazu: Es zeigt Hebel und Handlungsempfehlungen für Netto-Null-Immobilien auf.
Was sind Netto-Null-Immobilien?
Wir haben Netto-Null für uns so definiert: Bei einem Netto-Null-Gebäude müssen alle beim Bau, dem Betrieb und dem Abriss des Gebäudes entstehenden Kohlenstoffemissionen mindestens einen Saldo von Null ergeben oder aber die überschüssigen Emissionen müssen durch die Überproduktion von erneuerbaren Energien vor Ort oder durch Kohlenstoffkompensation ausgeglichen werden.
Welche Aussagen aus dem White Paper «Netto-Null» sind besonders hervorzuheben?
Dass bei Neubauten die Erstellungsemissionen, also die material-induzierten Emissionen derart bedeutend sind. Denn wie eine Analyse von 36 Eigenentwicklungsprojekten von Implenia zeigt, fallen rund zwei Drittel der Treibhausgasemissionen auf die Erstellung und «nur» ein Drittel auf den Betrieb eines Gebäudes. Um also bei Gebäuden Netto-Null-Kohlenstoff zu erreichen, muss konsequent der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt und insbesondere ein Fokus auf die Erstellungsemissionen gelegt werden. Diese Tatsache scheint in der Schweizer Politik noch nicht angekommen zu sein: So beschränkt sich etwa auch die vom Stimmvolk angenommene «Klimaschutzgesetz» auf die Betriebsemissionen und vernachlässigt die Erstellungsemissionen. Andere Länder wie Dänemark und Frankreich sind diesbezüglich schon weiter.
Das White Paper beleuchtet neun Hebel, die auf dem Weg zu CO2-neutralen Gebäuden in Bewegung gesetzt werden können. Was ist diesbezüglich besonders erwähnenswert?
Die grössten Hebel, um die CO2-Emissionen zu beeinflussen, sind in den frühen Planungsphasen zu finden – wie etwa bei der Standortwahl. Vom Standort hängt zum Beispiel das Potenzial für Photovoltaikanlagen, die Möglichkeit, eine Erdsonde zu platzieren oder ein Fernwärmenetz zu nutzen ab. Ist die Qualität des Standorts in Bezug auf solche Faktoren gering, wird es schwierig, Netto-Null zu erreichen. Die Karten werden in den frühen Phasen gemischt. Dabei geht es insbesondere auch um die optimierte Auswahl von gebäudetechnischen Systemen und Bauteilen sowie deren Materialien, um die in Bezug auf Kosten und CO2 effizientesten Möglichkeiten zu identifizieren.
Wie wird Real Estate Schweiz die Erkenntnisse aus dem White Paper in seine Tätigkeit einfliessen lassen?
Die Erkenntnisse nutzen wir einerseits, um externe Zielgruppen wie Investoren und Bauherrn oder die Mitarbeitenden für dieses Thema zu sensibilisieren. Zudem erstellten wir für interne Adressaten wie Real Estate Development oder Real Estate Management tiefergehende Präsentationen mit den für sie wichtigen Massnahmen und Handlungsempfehlungen. Andererseits begleiten wir unsere eigenen Entwicklungsprojekte von Real Estate Schweiz, indem wir CO2-Bewertungstools – zum Beispiel für die Standortwahl – zur Verfügung stellen, die sich möglichst einfach und kohärent in die bestehenden Prozesse einspeisen lassen. Und nicht zuletzt sind wir daran, Messansätze um- und einzusetzen.
Wie sehen solche Messansätze konkret aus?
Wir bauen aktuell ein Controllingtool in Form eines Cockpits auf, das aufzeigt, wo ein Projekt bzw. ein Projektportfolio in Bezug auf CO2 steht. Dazu bewerten wir die CO2-Emissionen an ausgewählten Zeitpunkten in den Entwicklungsphasen und können so unsere Projekte im Hinblick auf die Dekarbonisierungsziele überwachen und steuern. Auch lassen sich auf diese Weise Optimierungsmassnahmen ableiten. Dabei sind die Ziele klar: Implenia Reals Estate Schweiz peilt für Eigenentwicklungsprojekte in der Schweiz bis 2030 Netto-Null in Bezug auf die Betriebsemissionen und bis 2040 in Bezug auf die Erstellungsemissionen an.
Inwiefern kann BIM bei der Erreichung dieser Ziele eine Rolle spielen?
BIM ist die perfekte Grundlage zur Berechnung von CO2-Emissionen. Da uns BIM die Flächenangaben und je nach Reifegrad des BIM-Modells auch die Materialschichten der verschiedenen Bauteile liefert, können wir Materialmengen ableiten, die wir zur Berechnung der CO2-Bilanz benötigen. Bei Real Estate Products haben wir diesen Ansatz vollumfänglich integriert: Hier können wir dank eines parametrischen Modells und unseres Bauteilkatalogs die CO2-Emissionen unterschiedlicher Designvarianten auf Knopfdruck berechnen. Das ultimative Ziel ist eine automatisierte Erhebung ohne Zusatzaufwand: Der Architekt kann eine Variante einfliessen lassen und die Auswirkungen auf der Ebene der CO2-Emissionen sogleich einsehen. Voraussetzung dafür ist, dass das BIM-Modell mit den entsprechenden Informationen aufgesetzt ist.
«CO2 ist ein Thema, das sich über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie hinwegzieht. Entsprechend ist auch die Beeinflussbarkeit in jeder Phase vorhanden. Als integraler Bau- und Immobiliendienstleister sind wir optimal positioniert, um das Thema von A bis Z abzudecken.»
Nicolas Fries, Circular Economy und Innovation Manager bei Implenia Real Estate
Die Basis für das White Paper «Netto-Null – Der Weg zu CO2-neutralen Gebäuden» bildet die Bachelorarbeit von Thomas Gottschling. Diese wiederum fusst auf einer Analyse unserer Nachhaltigkeitsabteilung, die 36 Eigenentwicklungsprojekte auf Treibhausgasemissionen hin untersuchte, sowie externen Forschungsergebnissen und eigenen Erfahrungen und Erkenntnissen. Die Bachelorarbeit und das White Paper entstanden im Rahmen des Implenia Kickbox-Programms zum Thema Nachhaltigkeit – unter dem Sponsoring von Marc Lyon, Head Real Estate Development Schweiz. Ein Produkt also, das auf die Kollaboration unterschiedlicher Abteilungen fusst.