Kantonsspital Aarau – auf Daten gebaut
Was bedeutet BIM2Field eigentlich? Patric Sommer: Einfach gesagt ist die BIM2Field-Methode das Weiterführen der digitalen Kette von der Planung auf die Baustelle. Auf der Baustelle gibt es keine 2D-Pläne mehr; alle Beteiligten kommunizieren mithilfe digitaler Bauwerksmodelle. Diese detaillierten, dreidimensionalen Darstellungen enthalten geometrische Informationen über die Form, Grösse und Position der Bauelemente sowie semantische Informationen über Materialien, Kosten, Zeitpläne und andere relevante Daten. Diese Informationen werden vor Ort auf einem Tablet oder im digitalen Planhaus abgerufen. Mit Hilfe einer Totalstation werden die Bauteile wie Schalungselemente oder Wände präzise eingemessen.
Es war das erste Mal in der Schweiz, dass der Rohbau eines Spitalneubau dieser Grösse mit BIM2Field ausgeführt wurde. Wie war der Start? Ein wenig angespannt waren wir am Anfang schon, ob alles bei einem Vorhaben dieser Grösse ohne Bauverzug funktioniert. Als Backup hatten wir bis zum Erdgeschoss konventionelle Pläne bestellt. Doch wir haben schnell gesehen, dass es funktioniert.
Welche Rolle hatte Implenia bei BIM2Field im Rohbau? Als Totalunternehmer hatte das Projektteam von Implenia die Gesamtverantwortung. Wir wirkten bei der Konzepterstellung mit und koordinierten die Schnittstellen zu anderen Gewerken. Wir sicherten das Qualitätsmanagement der BIM2Field-Modelle und sorgten dafür, dass dem Baumeister zum richtigen Zeitpunkt konsistente Daten geliefert wurden, um Bauverzögerungen zu vermeiden. Die Arbeitsvorbereitung und Umsetzung selbst lagen bei diesem Projekt beim Baumeister.
@implenia On the project Kantonsspital Aarau we work wirh innovative technologies and ways of team work. Patric and his team show you how we integrate digital planning in every stage of the project. 🚀 #kantonsspitalaarau#aarau#baustelle#constructionsite#construction#hospital#spital#hochbau#bim#digitalplanning
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«Als Backup hatten wir bis zum Erdgeschoss konventionelle Pläne bestellt. Doch wir haben schnell gesehen, dass es funktioniert.»
Patric Sommer, Senior BIM Manager
Was sind die Vorteile von BIM2Field im Innenausbau? Die BIM2Field-Methode schlägt die Brücke zwischen Planung und Ausführung. Dadurch kann sich das volle Potenzial der Digitalisierung entfalten und ermöglicht auf der Baustelle ein kosteneffizientes und intelligentes Arbeiten. Zudem können maschinenlesbare BIM-Daten dazu verwendet werden, Bauteile wie Platten, Profile oder Gebäudetechnikkomponenten vorzufertigen, was ressourcenschonender ist als das Zuschneiden auf der Baustelle mit Verschnitt. Die vorgefertigten Teile werden dann bedarfsabhängig auf der Baustelle an die richtige Stelle im Gebäude geliefert, im Baukasten-Prinzip zusammengesetzt und digital vor Ort vermessen und verbaut. Das bedeutet, dass wir mit der BIM2Field-Methode auch die Arbeitsvorbereitung und Logistik gewinnbringend optimieren können und die Genauigkeit und Effizienz steigern. Darüber hinaus fördert die BIM2Field-Methode die Kommunikation und Zusammenarbeit des Projektteams, indem digitale Bauwerksdaten in Echtzeit auf der Baustelle verfügbar sind. Der Informationsgehalt eines BIM-Modells ermöglicht ein besseres Verständnis komplexer Bauwerke und deren Bauabläufe.
«Maschinenlesbare Daten eröffnen neue Wege zur Rationalisierung und Automatisierung von Arbeitsprozessen.»
Patric Sommer, Senior BIM Manager
Was gab den Ausschlag, für den Innenausbau ein BIM2Field Pilotprojekt zu starten? Implenia wendet als Impulsgeberin für digitales Bauen bei Grossprojekten immer wieder erfolgreich innovative Ansätze an, die darauf abzielen, digitale Vorleistungen der BIM-Planung nahtlos in Ausführung und Betrieb zu überführen. Auch beim KSA: Hier haben wir mit unserem Architekturpartner Burckhardt Swiss ein BIM2Field-Pilotprojekt für den Ausbau der Trockenbauwände entwickelt. Dies beinhaltete zum einen die Erstellung von Installationsmodellen, die anhand von Laserscans mit der bauseitigen Ist-Situation abgeglichen wurden. Zum anderen definierten wir gemeinsam mit einem Partner aus dem Trockenbau die Arbeitsabläufe für das modellbasierte Einmessen der Wände und der Unterkonstruktion.
Was waren die Knackpunkte bei der Umsetzung in die Praxis? Uns beschäftigte die Frage am meisten, wie wir beim modellbasierten Einmessen Massabweichungen der bereits erstellten Rohbau- und Fassadenelemente berücksichtigen und die Toleranzwerte für Trockenbauwände, die im Millimeterbereich liegen, einhalten können.
Welche Learnings zog Implenia aus diesem Pilotversuch? Um im Innenausbau angemessen auf Millimeterabweichungen des Rohbaus reagieren zu können, ist es entscheidend, bereits während der Rohbauarbeiten ein umfassendes und Referenzsystem im Gebäude zu etablieren. Die gewonnenen Erkenntnisse adaptieren wir auf Folgeprojekte.
«Jetzt wissen wir, wie dies geht und sind bereit, bei einem nächsten Projekt BIM2Field auch im Innenausbau einzusetzen.»
Patric Sommer, Senior BIM Manager
Wie nimmt man die Gewerke mit auf die BIM2Field-Reise? Wie immer bei neuen Technologien geht es auch um Change-Management. Man hat Unternehmer und Mitarbeitende auf der Baustelle, die jahrelang mit ausgedruckten Plänen gearbeitet haben. Das heisst auch: Man muss sie auf den Weg mitnehmen, sie involvieren und Hemmschwellen abbauen, indem man allen Beteiligten die neuen Arbeitsprozesse nahebringt. Das beteiligte Sanitärunternehmen zum Beispiel steckte die Abhängungen mit einer Totalstation per Laser ab. Ihre Schlussfolgerung war: Wir wollen nicht mehr zurück. Die BIM-Daten seien vom Informationsgehalt viel besser und erlauben ein effizienteres Arbeiten und erweitern unsere Kompetenzen.
Der KSA-Neubau «Dreiklang» in Kürze:
- Das Gebäudekonzept des neuen Kantonsspitals Aarau setzt auf Funktionalität und auf kurze Wege für das Personal und Patienten.
- Auf einer Geschossfläche von rund 110000 Quadratmeter sind künftig 472 stationäre Betten, 130 tagesklinische Plätze und 21 Operationssäle geplant.
- Der Neubau ist in drei Hauptbereiche gegliedert: Ambulatorien, Funktionsbereiche und Bettenstationen. Trotzdem bilden die Bereiche im Gesamtbau eine Einheit.
Ausführungsleiter Markus Mato erklärt Hintergründe zum Megaprojekt und gibt einen Einblick auf die Baustelle:
Ihr wollt Details?
Im Swissbau-Video «BIM2Field im Projekt «Dreiklang» teilen unsere Experten ihr Wissen. Hier geht’s direkt zu spannenden Sequenzen:
[11.15 – 12:32]: Planung ist nicht Baustelle: Wie man von Plandaten zu Baustellendaten kommt
[24.41 – 26.20]: Totalstation im Einsatz: Wie Subunternehmer vor Ort die Totalstation ausrichten
[26.53 – 29.25]: Präzisionsarbeit: Wie wir die Punkte für die Trockenbauwände abstecken?
[53.12 – 54.12]: Erkenntnis: Wie kann man die BIM-Durchgängigkeit bis zur Baustelle weiter nutzen?