Partnerschaftlich zur Top(golf)lösung
Wo einst ein Stahlwerk stand, wird heute beschwingt abgeschlagen: In Oberhausen hat die Greenreb AG im Januar 2022 die erste Topgolf-Anlage in Kontinentaleuropa eröffnet. Nicht zuletzt dank einer partnerschaftlichen, ganzheitlichen Zusammenarbeit mit Implenia ist es gelungen, das in den USA etablierte Topgolf-Entertainmentkonzept für den deutschen Standort baulich und betrieblich optimiert umzusetzen. Weitere Anlagen in Deutschland, Italien, Österreich und der Schweiz sollen folgen.
Was ist Topgolf?
In einer kleinen Gruppe stehen die Gäste in der Abschlagbox und lassen ihre Bälle bis zu 200 Meter weit über die grüne Aussenbahn fliegen, um sie in einem der 10 kreisrunden Zielfelder zu versenken. Wie zielsicher ihr Schlag war, erfahren sie umgehend am Monitor: Das digitale System ermittelt den exakten Landeort der Bälle, die mit Chips ausgestattet sind, und damit die Punktzahl im Nu. Zwischen den Abschlägen gibt’s in der gemütlichen Sitzecke ein Bier und einen Burger oder nach dem Spiel etwas zu Trinken und zu Essen an einer von drei Bars. Die Atmosphäre hier in der Topgolf-Anlage Oberhausen ist locker, die Umgebung grosszügig – ganz nach dem amerikanischen Vorbild.
In den Vereinigten Staaten ist Topgolf ein verbreitetes Freizeitvergnügen mit einem Bekanntheitsgrad von rund 40 Prozent. Aber auch in Grossbritannien, Australien und in Dubai ist das Konzept bereits etabliert. Insgesamt 23 Millionen Gäste besuchen jährlich einen der 70 Topgolf-Standorte. Nur Kontinentaleuropa war bisher eine Topgolf-Wüste. Dies wollte David Speiser ändern: 2019 gründete er zusammen mit Eric Grob die Greenreb AG, um das Entertainment-Konzept in Lizenz nach Deutschland, Österreich, Italien und in die Schweiz zu bringen. Die Topgolf-Anlage in Oberhausen ist der erste Schritt zur Umsetzung dieser Vision.
«Die Herausforderung bestand darin, den Kern des US-Konzepts zu übernehmen, es aber aus baulicher und operativer Sicht auf die lokalen Gegebenheiten anzupassen.»
Topgolf-Europapionier David Speiser
Wie passt das US-Konzept nach Europa?
«Die Herausforderung bei der Planung und beim Bau dieser Anlage bestand darin, den Kern des US-Konzepts zu übernehmen, es aber aus baulicher und operativer Sicht auf die lokalen Gegebenheiten anzupassen», erklärt David Speiser. Um diese Aufgabe zu meistern, suchte er nach einem Unternehmen, welches das Projekt von der Planung bis zum Bau ganzheitlich begleitet und umsetzt. «Ich bin der Überzeugung, dass die Risiken und Kosten gesenkt werden können, wenn man die Verantwortlichkeit als Bauherr in solchen Partnerschaften in eine Hand geben kann», sagt er.
Die Wahl fiel schliesslich auf Implenia. «Wir haben schnell Vertrauen aufgebaut und ich habe von Beginn weg ein echtes Interesse gespürt, unser doch ziemlich spezielles Projekt vollumfänglich verstehen zu wollen.» Um das Topgolf-Konzept kennenzulernen, flog ein von Implenia zusammengestelltes Expertenteam mit dem Team von Greenreb in die USA, wodurch sich nicht nur die Beziehung festigte, sondern auch die Überzeugung wuchs, dass diese Partnerschaft Zukunft hat.
«Wir haben vertrauensvoll und auf Augenhöhe zusammengearbeitet.»
Im Interview erzählt der europäische TopGolf-Pionier David Speiser, warum er das US-Entertainmentkonzept nach Europa holen wollte und warum die enge Zusammenarbeit mit Implenia entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung war.
Erste Phase bis zur Bauantragsreife
Von Anfang an mit an Bord war Marc Siepmann, Technischer Leiter der Niederlassung Essen. «Wir teilten die Bauaufgabe in zwei Phasen: die Pre-Construction- und die Ausführungs-Phase – mit der Möglichkeit für den Bauherrn, nach der ersten Stufe auszusteigen», sagt er. In der ersten Phase, der Pre-Construction-Phase, die von Januar bis Mai 2021 dauerte, trieb das Planungsteam von Implenia in Zusammenarbeit mit Greenreb die Entwürfe bis zur Bauantragsreife voran. «In dieser Phase sind die Hebel am Grössten und die Verantwortung entsprechend hoch.»
«Wir teilten die Bauaufgabe in zwei Phasen: die Pre-Construction- und die Ausführungs-Phase – mit der Möglichkeit für den Bauherrn, nach der ersten Stufe auszusteigen»
Marc Siepmann, Technischer Leiter der Implenia Niederlassung Essen
Sorgfältig klärte Implenia die Rahmenbedingungen ab, erarbeitete ein Umwelt- und Brandschutzkonzept, liess Schadstoff- und Netzuntersuchungen durchführen oder kümmerte sich um die Vogelschutz-Auflagen. Dies alles unter Einbezug von Behörden, politischen Gremien und der Feuerwehr.
Was ist neu bei Topgolf in Deutschland?
Anders als bei anderen Franchisekonzepten wurde in Oberhausen nicht eine 1:1-Kopie einer bestehenden Anlage übernommen, sondern in engem Austausch zwischen dem Bauherrn und Implenia eine standortgerechte Version erarbeitet. Das Team suchte aktiv nach Möglichkeiten, um die baulichen Massnahmen auf europäische Standards anzupassen und die Betriebskosten zu optimieren. So wurden in der deutschen Anlage zum Beispiel die Zielfelder so konzipiert, dass die Bälle durch die Neigung der Fläche automatisch abrollen und somit mechanisch und damit wirtschaftlicher zurück in die Abschlagbox transportiert werden. In den USA werden die Bälle von Mitarbeitenden eingesammelt – eine Lösung, die aufgrund der Personalkosten in Deutschland nicht in Frage gekommen wäre.
Das Projekt Topgolf-Anlage in Oberhausen
Bauherr: Greenreb AG
Das Projekt: Auf dem Grundstück eines ehemaligen Stahlwerkes in Oberhausen plante und baute Implenia schlüsselfertig für den Topgolf-Lizenznehmer Greenreb eine Freizeitanlage mit rund 40’000 Quadratmetern Gesamtnutzfläche. Zur Anlage gehören ein dreistöckiges Gebäude mit einem Restaurant und drei Bars, 102 bediente Abschlagplätze mit Vollservice, ein 200 Meter langes Aussenfeld sowie mehr als 500 Gästeparkplätze.
Beginn: Oktober 2020
Bauzeit Rohbau: 15 Wochen
Bauvolumen: CHF 24,5 Millionen
Website: www.topgolfoberhausen.com
Wie konnte man trotz Corona so schnell bauen?
Dass Implenia dabei nicht nur auf langjährige Erfahrung und etablierte Prozesse, sondern auch auf ein lokales Netzwerk von Spezialisten für die einzelnen Gewerke zugreifen konnte, sieht David Speiser als besonderen Vorteil. «Je früher die richtigen Ansprechpersonen an den Tisch geholt werden, je bewusster das Projekt aufgesetzt und je effektiver die Phase vor der Baueingabe genutzt wird, desto besser ist das Ergebnis.»
Bei der Topgolf-Anlage in Oberhausen führte dieses Vorgehen – trotz Corona und Verzögerungen in der Lieferkette – nicht nur zum schnellsten Bau einer Topgolf-Anlage ausserhalb der USA. Vielmehr konnten kreative, tragfähige Ideen umgesetzt werden, die sich langfristig bezahlt machen. So ist die Topgolf-Anlage die erste weltweit, bei der auf eine Sprinkleranlage verzichtet werden konnte, da der Brandschutz anderweitig gelöst werden konnte. Weiter kommt die Zaunanlage mit rund der Hälfte an Stahlpfeilern aus als vergleichbare Anlagen andernorts. Und nicht zuletzt wurde mit modularen Fertigteilen geplant und gebaut, auch im Hinblick auf die Realisation weiterer Topgolf-Anlagen in Kontinentaleuropa.
Weniger Stahl, weniger Personal und keine Sprinkleranlage
Marc Siepmann, Technischer Leiter der Niederlassung Essen, erzählt, wie sein Team die TopGolf-Anlage in Oberhausen für den europäischen Markt optimiert hat und warum die 52 Meter hohe Zaunanlage Tier- und Umweltschutzbehörden auf den Plan rief.
Anlage für Anlage besser werden
Denn nach Oberhausen ist noch lange nicht Schluss. «Wir haben die Ambition, das Konzept in Kontinentaleuropa auszurollen und sind bereits daran, nächste Standorte zu entwickeln», sagt David Speiser. «Mit unserer ersten Anlage haben wir bewiesen, dass das Topgolf-Konzept von den Gästen in Kontinentaleuropa angenommen wird.»
Damit ist der Weg für neue Vorhaben frei. Während das Erstprojekt in Oberhausen vergleichbar gewesen sei mit dem Bau eines Flugzeugs, das bereits am Abheben ist, gibt es bei den weiteren Anlagen noch mehr Optimierungspotentiale. «Bei uns im Team gab es zum Beispiel niemanden, der schon einmal eine Topgolf-Küche geführt hat oder sich im Detail mit der Topgolf-Technik auskannte. Inzwischen haben wir Mitarbeitende mit entsprechender Erfahrung, die uns genau sagen können, was wir bei einer nächsten Anlage besser machen sollten.»
Wer soll an den runden Tisch?
Die interdisziplinäre Zusammensetzung des Teams betrachtet der Greenreb-CEO denn auch als entscheidenden Erfolgsfaktor, wenn es darum gehe, ein solches Projekt umzusetzen. «Implenia hat es wirklich gut verstanden, stets die richtigen Experten heranzuziehen.» Bei einem nächsten Vorhaben würde er es im Sinne einer noch stärkeren Bündelung von Verantwortlichkeiten begrüssen, den runden Tisch frühzeitig zu vergrössern – zum Beispiel im Bereich Innenausbau und Technik. «Obwohl Greenreb mittlerweile rund 350 Mitarbeitende zählt, sind wir nach wie vor ein Startup – und darauf angewiesen, die Komplexität eines solchen Projekts und die Verantwortung bei einem starken Partner zu bündeln, der das Projekt über alle Phasen begleitet», sagt David Speiser.
Topgolf USA vs. Europa: Wo liegen die Unterschiede?
Kürzere Wege: Die Küche erstreckt sich in den USA über zwei Etagen; in Europa ist sie kompakt auf einer Etage angeordnet
Technik vs. Personal: In den USA sammeln Menschen die Bälle ein; in Europa rollen sie auf dem leicht schrägen Platz ab und werden mit dem Fliessband zur Sammelstelle gebracht
Weniger Stahl: Die Zaunanlage in Oberhausen kommt mit der Hälfte der Stahlpfeiler aus
Die Bauweise: Die Anlage in Deutschland wurde mit modularen Fertigteilen geplant und gebaut, auch in Hinblick auf weitere Topgolf-Anlagen in Europa