Nehmen Sie eine Brücke und verlegen Sie sie!
Der Bau der neuen E16 vom norwegischen Sandvika nach Wøyen beinhaltet auch den Bau und die Anbindung von lokalen Strassen in Sandvika. IMIS, ein Konsortium aus Implenia und Isachsen, hatte vier der fünf Brücken, die zum Auftrag gehörten, abgerissen, als Projektleiter Ronny Abelsen einen Anruf erhielt.
«Ich wusste, dass in Sandvika im Rahmen des E16-Projekts einige Brücken abgerissen werden sollten. Deshalb habe ich Kontakt aufgenommen, um zu hören, ob es eine Brücke gibt, die für eine Wiederverwendung geeignet sein könnte», erzählt Kent-Johnny Rodegård vom Familienunternehmen Brødrene Rodegård AS. Das Bauunternehmen wurde Mitte der 60er Jahre von Kent-Johnnys Eltern gegründet. Die vier Brüder, die es heute leiten, haben sich auf Aushub, Sprengungen und Bauarbeiten spezialisiert.
Die Brücke, die früher mitten in Sandvika stand, soll nun über dem Fluss Rukkedøla in Nesbyen wieder aufgebaut werden. Dort arbeiten die Brüder an der Kreisstraße 2910 zu einem Steinbruch, der ihrer Firma in Rukkedalen gehört. «Die Gemeinde arbeitet zurzeit an den Plänen. Sobald alle notwendigen Genehmigungen vorliegen, hoffe ich, dass wir die Brücke im Herbst aufstellen können», erklärt Rodegård.
Recycling: umweltfreundlich und kostengünstig
Der umweltbewusste Bauunternehmer glaubt, dass es in der Bauindustrie ein erhebliches Potenzial für die Wiederverwendung gibt – viel mehr als zurzeit genützt wird. «Die Brückenelemente, die ich von Sandvika bekommen habe, waren so gut wie neu. Es ist naheliegend, sie wiederzuverwenden und eine klare Win-Win-Situation», erklärt Kent-Johnny Rodegård und fährt fort: «Ich habe mich schon immer für das Recycling interessiert, da es umweltfreundlicher und kostengünstiger ist. Ich denke, dass es in der norwegischen Bauindustrie eine Menge Abfall gibt und dass viel mehr Materialien und Geräte aus der Bauindustrie wiederverwendet werden können.»
«In der Bauindustrie könnten viel mehr Materialen und Geräte wiederverwertet werden.»
Kent-Johnny Rodegård
«Nachhaltigkeit ist ein integraler Bestandteil von allem, was wir tun, aber die Wiederverwendung von Brücken war etwas, mit dem wir nicht viel Erfahrung hatten», erzählt Ronny Abelsen von IMIS. «Wir haben es vor ein paar Jahren bei einem früheren Projekt versucht, als wir eine ähnliche Betonbrücke auf der Plattform Finn.no angeboten haben. Es gab zwar ein gewisses Interesse von Privatpersonen, aber niemand hatte die Ressourcen, um ein solches Projekt zu realisieren. Es ist grossartig, einen Bauunternehmer gefunden zu haben, der die alten Brückenelemente auf umweltfreundliche Weise nutzen konnte.»
Die neue Brücke von Rodegård ist eine der ehemaligen Birkheim-Brücken im Zentrum von Sandvika. Ursprünglich bestand sie aus 13 vorgefertigten NIB-Trägern mit vor Ort gegossenen Platten in der Hauptspannweite. Um die Gesundheits-, Sicherheits- und Umweltrisiken zu reduzieren, wurden die Birkheim-Brücken durch Durchschneiden der Balken abgerissen, so dass sie in einem Stück herausgehoben und vor der nächsten Etappe an Land gesetzt werden konnten. Dadurch war es möglich, die ca. 200 Tonnen Brückenelemente auf der Strasse nach Nesbyen zu transportieren.
«Das ist ein hervorragendes Beispiel für angewandte Kreislaufwirtschaft.»
Ronny Abelsen
«Wir haben hier ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Kreislaufwirtschaft in der Praxis angewendet werden kann, und es zeigt ganz deutlich, dass Repurposing möglich und in vielen Fällen auch profitabel ist», betont Ronny Abelsen. «Mehr Recycling von Materialien und die Entwicklung neuer, nachhaltiger Geschäftsmodelle sind zwei der Hauptziele von Implenia und Isachsen Anlegg. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Jahren noch viele ähnliche Beispiele sehen werden.»
Zusammenarbeit für weniger Treibhausgasemissionen
Auch May Bente Hiim Sindre, Projektleiterin für die E16 Sandvika-Skaret-Høgkastet bei der norwegischen Strassenverwaltung, erklärt, dass zwei der fünf Hauptziele ihrer Organisation die Förderung der Nachhaltigkeit und die Reduzierung der Treibhausgasemissionen sind. «Der Bau neuer Strassen ist mit erheblichen Treibhausgasemissionen verbunden. Ein grosser Teil dieser Emissionen entsteht bei der Herstellung der verwendeten Materialien wie z. B. Beton. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen beim Bau bis 2030 um 50% zu reduzieren», erklärt sie.
«Wir freuen uns, mit Bauunternehmen zusammenzuarbeiten, die auf solche Ideen kommen.»
May Bente Hiim Sindre, Projektleiterin, Norwegische Strassenverwaltung
Vor diesem Hintergrund ist sie beeindruckt von den Leistungen von Brødrene Rodegård und IMIS. «Wir sind erfreut und stolz darauf, mit Bauunternehmern zusammenzuarbeiten, die auf diese Idee gekommen sind. Wenn es uns gelingen soll, die Treibhausgasemissionen in der Bauindustrie zu reduzieren, ist die Beteiligung aller Beteiligten eine Notwendigkeit», erklärt sie.