Wie habt ihr Topgolf für Europa optimiert?
Marc, welche Anforderungen stellte die Planung und der Bau der Topgolf-Anlage ans Implenia Team?
Das Gebäude sprengt jegliche Standards. Es ist kein klassisches Verwaltungs- oder Bürogebäude, sondern ein Sonderbauwerk – ausgestattet zum Beispiel mit einer 52 Meter hohen Zaunanlage, die so in Europa noch nicht gebaut wurde. Dies warf auch bei den Behörden und den politischen Gremien viele Fragen auf, die man sich bei herkömmlichen Bauvorhaben gar nicht stellt – sei es bezüglich B-Plan-Anhörung, Tierschutz, Umweltschutz oder auch der verkehrstechnischen Anbindung.
Wieso war schon der Untergrund eine Herausforderung?
Die Topgolf-Anlage in Oberhausen ist auf einem alten Stahlwerk gebaut, das 30 Zentimeter unter der Grasnarbe noch in allen Konstruktionen erhalten ist, mit unterirdischen Gängen, Tunnelanlagen, Fundamenten, Abwasseranlagen usw. Wir haben dieses Grundstück, das grösser ist als fünf Fussballfelder, genau untersucht, und kamen zu dem Ergebnis, das Gelände mit über 90’000 Tonnen Material anzuheben und aufzuschütten, um nicht in den Untergrund eingreifen zu müssen. Und um möglichst wenig Berührungspunkte mit dieser 200-jährigen unterirdischen Industriegeschichte zu haben. Das war aus Kostengründen und zur Sicherung der baubetrieblichen Abläufe eine weise Entscheidung. Denn wo man zum Beispiel wegen eines Pumpenschachts oder einer Grundleitung doch einmal in den Untergrund vordringen musste, traf man wie vorhergesehen auf Widerstand und Unwägbarkeiten.
Was ist Topgolf?
23 Millionen Gäste pro Jahr an 70 Standorten: Das Sport-Entertainmentkonzept Topgolf vereint Golf, Gastronomie und Unterhaltung. Wie das US-Konzept Anfang 2022 nach Europa fand und wie es auf die Bedürfnisse des deutschen Marktes hin optimiert wurde.
Warum habt ihr das Topgolf-Konzept aus den USA nicht 1:1 nachgebaut?
Aufgrund der Betriebskosten und der Beschaffung war es sinnvoller, das Konzept den europäischen Gegebenheiten anzupassen. So haben wir die Anlage technisch in Bezug auf Betriebsprozesse optimiert und sie auf europäische Einkaufsbedingungen adaptiert. Ein Beispiel: In den USA ist die Verwendung und der Einsatz von Stahl weit verbreitet und deutlich wirtschaftlicher umzusetzen als in Europa. In Deutschland aber machte es keinen Sinn, ebenfalls in Stahl zu bauen. Stattdessen haben wir mit modularen Fertigteilen geplant und gebaut, auch im Hinblick auf die Realisation weiterer Topgolf-Anlagen in Kontinentaleuropa.
Warum konntet ihr auf eine Sprinkleranlage verzichten?
Die USA haben ganz andere Brandschutzauflagen als wir. In Oberhausen haben wir entgegen dem USA-Modell keine Sprinkleranlage eingebaut, weil wir dank des Materialwechsels und der Verwendung von Stahlbeton darauf verzichten konnten. Der Kunde spart so nicht nur die Erstinvestitionskosten, sondern über den Lebenszyklus seiner Immobilie auch die Wartungs- und Unterhaltungskosten der technischen Anlagen.
Das Projekt Topgolf-Anlage in Oberhausen
Bauherr: Greenreb AG
Das Projekt: Auf dem Grundstück eines ehemaligen Stahlwerkes in Oberhausen plante und baute Implenia schlüsselfertig für den Topgolf-Lizenznehmer Greenreb eine Freizeitanlage mit rund 40’000 Quadratmetern Gesamtnutzfläche. Zur Anlage gehören ein dreistöckiges Gebäude mit einem Restaurant und drei Bars, 102 bediente Abschlagplätze mit Vollservice, ein 200 Meter langes Aussenfeld sowie mehr als 500 Gästeparkplätze.
Beginn: Oktober 2020
Bauzeit Rohbau: 15 Wochen
Bauvolumen: CHF 24,5 Millionen
Website: www.topgolfoberhausen.com
Wieso braucht Topgolf in Europa weniger Personal?
In den USA ist uns aufgefallen, dass für den Betrieb der Anlage ein hoher Personalbedarf erforderlich ist. Wir suchten nach Lösungen, um die Personalkosten für den laufenden Betrieb zu reduzieren. So wurde etwa die Küche, die sich in den USA über zwei Etagen erstreckt, auf einer Etage untergebracht, um die Betriebswege und Produktionsprozesse zu optimieren und letztendlich insgesamt die Flächen für die technische Ausstattung des Gebäudes reduzieren können.
Welche technischen Lösung ist neu?
Ausserdem wurden in der deutschen Anlage die Zielfelder so konzipiert, dass die Bälle durch die Neigung der Fläche automatisch abrollen und somit mechanisch und damit wirtschaftlicher zurück in die Abschlagbox transportiert werden. In den USA werden die Bälle von Mitarbeitenden eingesammelt – eine Lösung, die aufgrund der Personalkosten in Deutschland nicht in Frage gekommen wäre.
Welche Anforderungen stellte die Planung und der Bau der Topgolf-Anlage ans Implenia Team?
Schon die Ausgangslage war speziell: Wir flogen nach Chicago und kamen mit dem Auftrag zurück, die dortige Topgolf-Anlage in Oberhausen nachzubauen. Aufgrund der vielen technischen Besonderheiten des Gebäudes war der Umgang mit den Behörden in diesem Fall sehr intensiv, aber immer sehr offen, kommunikativ und letztendlich sehr fruchtbar.
Welches waren die Erfolgsfaktoren für die Zusammenarbeit mit dem Bauherrn?
Wir haben von Anfang an eine intensiv beratende Funktion übernommen. Schnell kamen wir mit David Speiser und seinem Team von Greenreb überein, die Anlage nicht 1:1 nachzubauen, sondern sie aus den genannten Gründen den hiesigen Gegebenheiten anzupassen. Da wir bereits in einer sehr frühen Phase des Projekts involviert waren, konnten wir sehr viele Aspekte intensiv mit dem Bauherrn beleuchten und ihm die verschiedenen Optionen aufzeigen.
«Wir haben vertrauensvoll und auf Augenhöhe zusammengearbeitet.»
Im Interview erzählt der europäische TopGolf-Pionier David Speiser, warum er das US-Entertainmentkonzept nach Europa holen wollte und warum die enge Zusammenarbeit mit Implenia entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung war.